Windkraft im Wald: Gut oder schlecht für den Klimaschutz?

Windkraft im Wald
Verfasst von: Michael Claus
Veröffentlicht am:

Allein schon beim Hinschauen wird schnell klar: Windkraft im Wald kann ein zweischneidiges Schwert sein. Wenn Millionen Bäume für Tausende Windräder in den Wäldern Deutschlands weichen sollen, kann das Konsequenzen haben. Immerhin sind es vor allem die Wälder, die Kohlendioxid absorbieren. Sie haben aber auch noch viele andere Aufgaben.

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Jetzt sollen vermehrt Bäume fallen und zwar aus ökologischen Gründen, nämlich um sauberen Strom mit Windenergie zu produzieren. In sieben von 16 Bundesländern werden bereits Windkraftanlagen in Wäldern gebaut und dieser Trend weitet sich aus. Wie sauber kann das am Ende wirklich sein? Welche Folgen hat eine solche Energiewende für Menschen, Natur und Klimaschutz? Wie lauten die Positionen?

Das sagen Bundesregierung und Befürworter dazu

Im Koalitionsvertrag der Ampelregierung im Bund heißt es, dass zwei Prozent der Flächen an Land für den Ausbau der Windenergie ausgewiesen werden sollen. Geregelt wird das im Windenergieflächenbedarfsgesetz (WindBG). So soll die Leistung der Stromerzeugung der landgestützten Windenergieanlagen bis 2030 verdoppelt werden.

Nach Angaben der Fachagentur Windenergie an Land (FA Wind) wären das Ziel allein 115 Gigawatt Strom aus Windenergie. Ausdrücklich sind dabei auch Waldflächen nicht mehr tabu, die etwa ein Drittel der Fläche von Deutschland ausmachen. Dass Windräder nur im sog. Offenland stehen, also auf Äckern, Wiesen und Weiden oder auf anderen nicht überbauten Gebieten, ist längst Geschichte.

Bereits Ende 2022 arbeiteten nach jüngsten Angaben der FA Wind in Deutschland ca. 2.373 Windkraftanlagen mit einer Gesamtleistung von 6.609 MW in bewaldeten Gebieten. Sie erbrachten dort ca. 11 Prozent der gesamten Leistung der Stromerzeugung durch landgestützte Windkraft, die 2022 insgesamt etwa 59 Gigawatt betrug. Das Ziel bis 2030 ist also schon etwa zur Hälfte erreicht.

„Der Wald wird immer intensiver zur Erzeugung von Windenergie genutzt und das ist auch der Plan der jetzigen Politik.“

Der Flächenbedarf für die Windräder im Wald wird von vielen Experten als vertretbar eingeschätzt. Im Wesentlichen dürften Windkraftanlagen ohnehin wohl nur in Nadelwäldern, die nicht in Schutzgebieten liegen und in der Regel auch Monokulturen sind, errichtet werden. Was das in möglichen Ausbauzahlen und mit welchen Konsequenzen bedeutet, vertiefen wir gleich noch.

Vorab nochmals kurz zurück zur Eignung des Waldes für die Windenergie und den Einflüssen der Windräder auf Natur und Umwelt. So meint zum Beispiel Paul Lehmann, Juniorprofessor für Umwelt- und Energieökonomik an der Universität Leipzig, gegenüber dem Bayerischen Rundfunk, dass auch Kahlflächen genutzt werden könnten, die durch Sturm, Dürre oder Schädlingsbefall sowieso geschädigt seien.

Windkraft im Wald: Genehmigungsverfahren

So ganz hart geregelt scheint das alles aber offensichtlich nicht zu sein, zumindest nicht im Detail. Denn das Bundesamt für Naturschutz (BfN) weist zwar darauf hin, dass vor jeder Errichtung einer Windenergieanlage im Wald zu prüfen ist, wie sich deren Anwesenheit auf das Tötungsverbot, das Störungsverbot oder das Verbot der Beschädigung bzw. Zerstörung von Fortpflanzungs- oder Ruhestätten von Tieren (§ 44 Abs. 1 Nr. 1-3 BNatSchG) auswirkt.

Am Ende jedoch erteilt nicht das BfN die Baugenehmigung oder ist daran beteiligt, sondern die Einzelanträge werden neuerdings nur noch im vereinfachten Verfahren beim zuständigen Bauamt sowie Landesamt für Umwelt gestellt. Diese Ämter winken laut einem gängigen Beispiel aus Brandenburg, über das beispielsweise die Märkische Oderzeitung berichtet, die Anträge dann häufig einfach durch.

„Die neuen Beschleunigungsverfahren der Ampel-Regierung beim Bau neuer Windräder hebeln die demokratische Mitwirkung der Gemeinden und ihrer Anwohner teilweise offenkundig aus.“

So ist das seit dem Wegfall des jeweiligen Regionalplans politisch gewollt. Das scheint Teil der Beschleunigung durch die Bundesregierung zu sein, um die Ziele beim Ausbau der erneuerbaren Energien zu erreichen. Bebauungspläne mit Einbeziehung der Anwohner sind nicht länger Pflicht, nur wenige Bauherren führen diese noch freiwillig durch. Die Gemeinden und Anwohner können folglich kaum noch etwas gegen schlechte Standorte tun.

Andere Experten wiederum warnen aus Naturschutzgründen vor den Folgen der Windenergienutzung des Waldes. So äußert sich beispielsweise Pierre L. Ibisch, Professor für Naturschutz an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde, im ZDF und warnt davor, dass Tatsachen geschaffen werden, die lange schlecht nachwirken könnten. Der Wald in Deutschland sei jetzt schon extrem fragmentiert und würde so noch mehr zerschnitten.

Welche Flächen verbrauchen Windkraftanlagen im Wald?

Nach Infos der FA Wind benötigt eine Windenergieanlage im Wald derzeit im Schnitt ca. 0,86 Hektar Platz, einen Teil davon dauerhaft, einen anderen Teil temporär. Dauerhaft werden im Durchschnitt ca. 0,46 Hektar pro Windrad umgewidmet, sprich dem Wald entnommen und die Bäume dort gerodet. Weitere ca. 0,4 Hektar pro Windenergieanlage werden für die Bauarbeiten und Logistik temporär abgeholzt und später wieder aufgeforstet.

„Für die Fläche aller deutschen Windkraftanlagen im Wald wird aktuell etwa das Äquivalent von 154 Fußballfeldern benötigt. Temporäre Zuwegungen und Stellflächen nehmen dazu nochmals den Platz von 133 Fußballfeldern ein.“

Insgesamt verbrauchen die aktuellen Windkraftanlagen im Wald damit nach Angaben der FA Wind rund 1.100 Hektar an Waldfläche in Deutschland dauerhaft. Weitere rund 950 Hektar mit Flächen neu gepflanzter Bäume müssen zudem über die Jahre erst einmal wieder auf stattliche Höhe nachwachsen.

Angenommen, der Ausbau von weiteren Wald Windrädern nimmt weiterhin einen 11-prozentigen Anteil an allen landgestützten Anlagen ein und es müssten bis 2030 noch weitere 56 Gigawatt an Windenergie insgesamt hinzugebaut werden, dürften also ca. noch weitere 2.200 Windräder in deutschen Wäldern entstehen, die dann nochmals rund 1.000 Hektar Waldfläche dauerhaft blockieren.

10 Positionen zur Erzeugung von Windenergie im Wald

Ein Urteil darüber, ob der Ausbau der Windkraft im Wald letztlich wirklich gut für die Natur, den Waldschutz und insbesondere den Klimaschutz ist und wofür er vielleicht nicht so gut ist, kann unserer Meinung nach ambivalent ausfallen. An dieser Stelle darf man sich ruhig auch mal eingestehen, dass vielleicht niemand alle Auswirkungen im Vorfeld richtig abschätzen kann. Sowohl Befürworter als auch Gegner führen beide gute Argumente ins Feld.

Möge sich bitte jeder selbst eine Meinung und einen Standpunkt zu den Themen bilden!

Das spricht für Windkraft im Wald: Das spricht gegen Windkraft im Wald:

CO2-Emissionen:
Windkraftanlagen erzeugen relativ sauberen, nachhaltigen Strom. Windenergieanlagen an Land sparen wesentlich mehr CO2 ein, als durch die dafür notwendige direkte Rodung des Waldes an CO2-Aufnahme verloren geht. Der Faktor soll bei der Windenergie über 1.000-mal höher liegen.*

Aufgabenvielfalt des Waldes:
Wälder sind komplexe Ökosysteme mit Biodiversität, die viele Funktionen für Natur und Umwelt haben. Sie bilden nährstoffreichen Boden, sind extrem relevant für den Wasserkreislauf und das Grundwasser, kühlen das Klima und bieten vielen verschiedenen Arten von Tieren einen wertvollen Lebensraum. Sie sind nicht allein zur Lösung des Klimaproblems gedacht, das der Mensch selbst gemacht hat. Die Energiewende ist kein Selbstzweck.

Flächenerweiterung:
Deutschland braucht für die Energiewende mehr Fläche für den Ausbau der erneuerbaren Energien. Bei Einbeziehung des Waldes entspannt sich die Flächennutzung und die Windenergieanlagen können weiter weg von Wohnbebauungen stehen.

Flächenversiegelung:
Die massiven Fundamente der Windräder und die für Schwerlasttransporte geschlagenen Zuwegungen versiegeln wertvollen Waldboden. Ratsamer wäre deshalb, dass der Fokus zur Neuerrichtung von Windkraftanlagen auf Flächen liegt, die ohnehin schon versiegelt oder durch den Menschen „kultiviert“ sind. Beispielsweise könnten mehr Windrad-Trassen in großen Industriegebieten entstehen oder entlang von Straßen und Autobahnen. Dort wird ohnehin auch mehr Energie verbraucht.

Flächennutzung:
Neue Windkraftanlagen könnten vorrangig in geschädigten Waldarealen gebaut werden, die ohnehin bereits durch Dürre oder Schädlinge wie den Borkenkäfer geschädigt sind. Zumeist betrifft eine solche Nutzung ohnehin Monokulturen mit kaputten Nadelgehölzen.

Schädigung der Waldstruktur:
Verschiedene Experten warnen davor, dass im Vorfeld gar nicht alle Folgen für die Natur abzuschätzen sind. Durch wichtige Randeffekte könnten zum Beispiel die Temperaturen im immer weiter zerschnittenen Wald besonders im Sommer stark steigen. Die Hitze könnte wiederum dazu führen, dass dem Wald Wasser entzogen wird, was zur Austrocknung führt und das Waldbrandrisiko erhöht.

Einnahmeerlöse:
Aus Teilen der Einnahmeerlöse der Windkraft könnte man kaputte Wälder wieder aufforsten. Die Pachterlöse oder auch die Erlöse aus der Energiegewinnung selbst spülen Mittel in die Kassen der Waldbesitzer, von denen der Schutz und die Pflege des Waldes profitieren können. Auch Naturschutz kostet schließlich Geld.

Ökonomisierung:
Die Ökonomisierung des letzten verbliebenen natürlichen Rückzugsraumes – des Waldes – könnte die Akzeptanz der Bürger für den Ausbau erneuerbarer Energien senken. Wälder sind neben vielen anderen Aufgaben auch Erholungsgebiete. Beim Wandern, Pilze sammeln, Klettern usw. entspannen sich die Menschen. Wird der Schutz des Waldes vernachlässigt, könnten das Konfliktpotenzial und der Stresspegel in der Gesellschaft weiter steigen.

Nachhaltigkeit:
Ein widerstandsfähiger Laub- und Mischwald stellt sich ökologisch oft von ganz alleine ein, wenn man ihn nur mal machen lassen würde und in Ruhe ließe. Eingreifen sollte man nur dort, wo von alleine kein Baum mehr wachsen will, was so gut wie nie der Fall ist. Ein bisschen mehr natürliches Chaos könnte entscheidend sein, damit sich die Vielfalt des Waldes mit seinen Tierarten und Pflanzen erholen und an den Klimawandel anpassen kann.

*Laut Informationen des Umweltbundesamtes: „Themenpapier | Ökobilanz der Windenergieanlagen an Land“

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Michael Claus

Autor

Michael Claus ist staatlich geprüfter Techniker und Hausbesitzer. Als faktenorientierter Mensch bevorzugt er schlaue Lösungen. Mit über 20 Jahren praktischer Erfahrung teilt er sein Fachwissen und seine umfangreiche Expertise gerne beim Schreiben von unabhängigen Fachartikeln, Rezensionen und Produktvorstellungen.

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